Laufradsätze                                      Mein Lieblingsthema

Bei Laufradsätzen bewerte ich folgende vier Faktoren:

        Gewicht,           Aerodynamik,              Steifigkeit            und           Alltagstauglichkeit.

Da ich hohen Wert auf Alltagstauglichkeit lege, habe ich bisher von Carbon-Felgen Abstand genommen; die Bremswirkung ist nur mit speziellen Belägen akzeptabel (3..4 Vollbremsungen im Gebirge können einen Satz Beläge aufbrauchen) und bei Nässe ist die Bremsleistung noch bescheidener. Auch das Überfahren eines Gulli-Deckels, Steinen oder Schiene kann der Carbonfelge (teilweise) unsichtbare, aber gravierende Schäden beibringen. Wenn dann die Felge bei einer Bergabfahrt bricht ...

Das Gewicht ist verantwortlich für ein gutes Beschleunigungsvermögen sowie als Extra-Gewicht am Berg. Besonders eine leichte Felge vermittelt ein gutes Beschleunigungsvermögen, da das Massenträgheitsmoment der rotierenden Bewegung vom Abstandsquadrat zum Drehpunkt abhängt. Hier wirkt auch ein leichter Reifen & Schlauch Wunder. Bei einem agilen Fahrrad ist besonders das Felgengewicht der ausschlaggebende Faktor, den man am besten spürt. Leichte Felgen sind meist flach und haben daher eine schlechte Aerodynamik.

Zur Aerodynamik trägt das Felgendesign, die Anzahl Speichen sowie die Speichenform wesentlich bei. Eine Hochprofil-Felge (ab ca. 30mm) ist wesentlich aerodynamischer als eine Kastenfelge. Der Unterschied ist ca. 10% weniger Leistungsbedarf im Flachland. Negativ auf die Aerodynamik wirken alle Abflachungen (Ausfräsungen, wie Mavic sie z.B. bei der Ksyrium SL aus Gewichtsgründen zwischen den Speichen fräßt, schlagen voll auf die Aerodynamik durch [laut Tourtest in 2003 aerodynamisch eine der schlechtesten Felgen, obwohl mit 25mm keine wirklich flache Felge]). Messerförmige (flache) Speichen bieten auch weniger Luftwiderstand und sorgen für weniger Verwirbelungen. Das weniger Speichen weniger Verwirbelung verursachen, ist wohl ein Selbstgänger. Das aerodynamisch optimale Rad ist die Scheibe, welche aber wohl nur bei Windstille und flacher Strecke empfehlenswert ist. Laufräder mit guter Aerodynamik sind meist schwer (Mavic Cosmic Carbon ~1,8kg).

Die Steifigkeit eines Laufrades wird im wesentlichen von der Speichen-Anzahl, -Querschnittsfläche und –Material sowie der Einbauart (Kreuzungen, Speichenspannung und Winkel) bestimmt. Trivial ist, dass mehr Speichen oder mehr Querschnittsfläche mehr Steifigkeit bringen (aber mehr Gewicht und ggf. schlechtere Aerodynamik). Radial eingespeichte Laufräder bringen kaum Elastizität (die Speichen werden direkt auf Zug belastet, nur wenige Speichen „tragen“). Besonders beim Hinterrad, bei dem auf der Ritzelseite meist sehr steil eingespeicht wird, reißen die Speichen schnell; auch übertragen nur die Hälfte der Speichen die Vortriebskraft (manchmal nur 4..6 Stück). Ein steiler Winkel bedeutet, dass die Zugkräfte an den Speichen gegen Unendlich gehen (vergleiche ein auf beiden Seiten eingespanntes Seil, da genügt nur ein kleines Gewicht, um eine erkennbare Auslenkung zu bekommen [F ~ 1/tan(a)]).

Campa hat mit dem G3 Einspeichsystem doppelt so viele Speichen auf die Ritzelseite gebracht, um hier mehr Stabilität und Steifigkeit zu schaffen. Eine hohe Speichenspannung bringt auch mehr Steifigkeit, da Metall beim Strecken immer mehr Widerstand aufbringt (Citec Laufräder haben wenige, aber sehr stark gespannte Speichen und sehr viel Stabilität). Die Gefahr bei hoher Speichenspannung ist, dass die Speichen an der Biegung in der Nabe brechen; diese Schwachstelle haben alle aus Draht gezogenen und gebogenen Speichen; Sapim schmiedet die CXray Speichen, da treten die Probleme nicht auf und die Speichen sind bis Faktor 2 stabiler. Oftmals brechen Speichen auch nicht, weil sie zu stramm gespannt sind, sondern weil sie nicht stark genug gespannt sind und dann bei jeder Radumdrehung be- und entlastet werden – sie brechen dann wegen Materialermüdung und Reibung, meist ebenfalls an der Biegung.

Mangelnde Steifigkeit des Laufradsatzes äußerst sich nicht nur im lästigen Schleifen der Bremsbeläge an den Felgen beim Beschleunigen oder am Berg, sondern auch darin, dass ein Teil der aufgebrachten Kraft in die Verbiegung der Laufräder investiert wird (ähnlicher Verlust wie beim „weichen“ Tretlager).

Laufrad Sätze