Reifenwahl

Alle meine Laufradsätze fahren mit Drahtreifen, Erfahrung mit Schlauchreifen habe ich also keine. Da die Tour eindeutig nachgewiesen hat, dass die heutigen Drahtreifen signifikant weniger Rollwiderstand als Schlauchreifen haben, ist das für mich auch kein Verlust.

Am meisten fahre ich Reifen mit 23mm Breite; dass erscheint mir ein guter Kompromiss zwischen Federungskomfort, Rollwiderstand und Luftwiderstand zu sein:

Der Druck auf den Reifen sollte so groß sein, dass beim Überfahren einer Kante kein Durchschlag auf die Felge erfolgt – sonst hat man meist einen Platten (Schlangenbiss) und/oder eine Delle in der Felge. Ein 20mm Reifen hat 20mm „Federweg“, benötigt also bei gleichem Fahrergewicht mehr Druck, um keine Durchschläge zu erlauben. Einen 25mm Reifen braucht man weit weniger aufzupumpen, da der Federweg 5mm mehr beträgt. Meine Faustformel für den Reifendruck: Gewicht von Fahrer und Bike durch 11 teilen, ergibt den Reifendruck für den 23mm Reifen.

Der Rollwiderstand hängt im wesentlichen mit der Walkarbeit des Reifens zusammen. Ein schmaler Reifen drückt sich aufgrund der geringeren Außenbreite weiter ein als ein breiterer Reifen (die Aufstandsfläche ist bei beiden Reifen bei gleichem Innendruck identisch, der schmale Reifen muss also mehr verformt werden). Die dafür auszubringende Energie bestimmt hauptsächlich den Rollwiderstand. Die Flexibilität der seitlichen Karkasse leistet gegen die Verformung Widerstand – diese Verformungs-Energie spürt der Fahrer als Rollwiderstand. Reifen mit dünnen und flexiblen Fäden in der Karkasse lassen sich leichter verformen, am leichtesten mit Baumwoll-Fäden. Reifen mit solchen Karkassen rollen leichter, bieten aber gegen Einwirkung von Außen wenig Widerstand. Laut Tourtest 10/2005 rollen die „Deda Tre“ mit Baumwoll-Fäden in der Karkasse am leichtesten, sind aber äußert pannenanfällig. Dem gegenüber stehen Nylon Fäden, die zwar unflexibler, dafür aber stabiler sind. Im Conti GP3000 sind die verarbeitet – der hat daher einen recht hohen Rollwiderstand, dafür ist er fast „pannensicher“. Einen Kompromiss bietet Michelin beim Pro2Race mit sehr dünnen Nylonfäden und erzielt so eine hohe Pannenfestigkeit mit einem niedrigen Rollwiderstand. Der Rollwiderstand beträgt bei 30km/h und einem Fahrer+Rad Gewicht von 85kg und 7 bar Druck ~40 Watt, bei 40km/h ~ 54 Watt und bei 50km/h ~67 Watt (ist also fast linear zur Geschwindigkeit).

Der Luftwiderstand hängt fast ausschließlich von der Breite ab, hier bietet der schmale Reifen den einzigen Vorteil. Gegenüber dem Rollwiderstand muss schon über 40km/h gefahren werden, damit der Vorteil durch den Luftwiderstand den schlechteren Rollwiderstand ausgleicht.

Meine Erfahrungen:

Für die meisten Straßen verwendete ich bis 2006 den Conti GP3000 in 23mm Breite und Farbe Rot J . Auf den Reifen bin ich bisher ~30.000km gefahren. Die Reifen werden mit ca. 8 Bar aufgepumpt und halten bei mir hinten ca. 3000 – 4000km. Da der Vorderreifen kaum abnutzt, wechsele ich meist nur vorn und montiere den gebrauchten Vorderreifen am Hinterrad. Die Contis laufen sehr zuverlässig (bisher erst eine Panne damit), haben eine gute Trockenhaftung und akzeptable Nässeeigenschaften. Sie haben für mich zwei Nachteile, die Lauffläche wird eckig (Hinterrad) und Rollwiderstand ist recht hoch (Fäden ziehen die roten GP3000 bei mir kaum).

Mit dem vorher verwendete Michelin Axial Pro hatte ich drei Pannen in 1500km, die Reifen habe ich danach ausgetauscht gegen Conti‘s.

Für den Winter und für die rauen Straßen von Lanzarote habe ich mir Conti GP 4 Seasons in 25mm gekauft. Im Gegensatz zu den GP3000/25mm sind sie wirklich 25mm hoch (und 24,5mm breit); diese fahre ich jetzt auf Lanzarote mit 6,5bar und im Winter in Deutschland mit 7bar. Eine Panne hatte ich bei >8000km noch nicht, die Abnutzung ist so gering, dass ich weitere 3000km für möglich halte.

Als Alternativ Reifen habe ich zwei Satz Veloflex ''Pave black'' Falt/Drahtreifen (700x22mm) gekauft. Der Reifensatz war äußerst schwierig zu montieren und sitzt nun extrem stramm auf den Eurus Felgen. Das etwas geringere Gewicht der Veloflex macht das Fahrrad geringfügiger agiler, der geringere Rollwiderstand ist mir nur schwach aufgefallen. Nach ~2000km ist die Lauffläche hinten so dünn, dass die Pannenanfälligkeit deutlich steigt (auf einer Fahrt von 60km hatte ich jetzt 2 Pannen (Steinchen) – der Schlauchtausch war eine Quälerei). Am ärgerlichsten war die Panne bei der HEW Cyclassisc 2005.

In 2006 habe ich einen Satz Conti GP4000 montiert. Auf Zypern hatte ich bereits nach 300km eine Panne – ein Steinchen hatte die Seitenwand aufgeschlitzt. Das Abrollen ist fühlbar leichter als beim GP3000; das 20g geringere Gewicht meine ich auch zu spüren (etwas über Veloflex Niveau). Die von Conti auf der Web Seite versprochenen -25% gegenüber den GP3000 halte ich aber für eine Marketing Message ... . Der GP4000 ist mein Bergreifen auf den Shimano WH7850-C24 LRS geworden – wenn’s leicht sein soll und Nässe droht*.

Alternativ dazu fahre ich jetzt „meinen“ Tour-Test-Sieger Michelin Pro2Race auf dem Flachland Rad mit dem CITEC LRS. Der Reifen rollt sehr geschmeidig ab und hat ein sehr gutes Trockengefühl (mit leichter Schwäche bei Nässe gegenüber GP3000). Der Rollwiderstand erscheint mir von den bisher getesteten Reifen am geringsten zu sein. Nach 3000km kann ich noch keine relevante Abnutzung feststellen. 3 Reifen habe ich aber schon eingebüßt — durch Steinchen, die wie beim GP4000 die Seitenwand aufgeschlitzt haben.

Als Alternative zum Pro2Race habe ich auf den Cosmic Carbon am Zeitfahrrad Michelin ProRace Ironman montiert. Bisher sind sie pannenfreie 2500km gefahren und die Seitenwand hält auch.

Für den Winter 2007/2008 habe ich einen Satz Conti GP4000s gekauft. Der soll 20% besser rollen als der GP4000 — ich kann aber bisher keinerlei Unterschied zum „normalen“ GP4000 feststellen ... . Allerdings ist die Nässehaftung besser als beim Michelin Pro2Race und das ist im Winter auch gut so J. Leider ist der 4000s wie der Vorgänger auch empfindlich auf Steinchens, die die Seitenwand durchstechen — ein Steinchen in der Kurve auf einer Abfahrt hat dem 4000s das Leben gekostet …

Mit der Synapse kam 2009 ein Satz Vittoria Diamante Pro dazu. Die Reifen sind mit 192g recht leicht und rollen laut Tourtest auch gut ab - was ich bestätigen kann. Auf 1200km hatte ich bisher keine Panne, aber der Reifen am Hinterrad zeigt schon deutlichen Abrieb - so wie beim Conti GP3000.

Mit dem Michelin Pro2Race, Conti4000s und Vittoria Diamante Pro habe ich einen Rollwiderstandstest bei 35km/h auf meiner 10km flachen Teststrecke mit der SRM Kurbel auf den CITECs mit 8 Bar Druck gemacht. Den Unterschied, den die Tour im Test 09/2009** ermittelt hat, kann ich nicht bestätigen, bei mir rollte der Michelin am leichtesten. Allerdings erscheinen mir die Messergebnisse im Bereich der normalen Streuung zu liegen, die sich z.B. durch die Sitzposition ergeben. Ein Set alter Conti GP3000, der als 4. Reifenset mit getestet wurde, hat bei den 35km/h 16W  mehr benötigt - das ist messbar und fühlbar.

Fazit:

Mit den Reifen hat man bei Geschwindigkeiten bis zu 40km/h mehr Optimierungspotential als mit den Laufrädern. Die 16 Watt, die die GP3000 gegenüber den GP4000s mehr an Leistung verbrauchen, machen bei 35km/h mehr Unterschied aus als der Wechsel von den aerodynamisch schlechten Ksyriums zu den guten Cosmic Carbon (ca. 10W).

*Da die rotierenden Massen außen am Rad den größten Einfluss haben, sollten die Reifen möglichst leicht sein (GP3000: 216g, GP4000s: 198g; Michelin Pro2Race:212g; Veloflex Pave black: 196g). Weiteres Gewicht kann durch Latex Schläuche eingespart werden (~50g gegenüber ~100g). Allerdings verlieren die Latexschläuche schnell an Luft und diese Mühe mache ich mir nur für die Cosmic Carbon am Zeitfahrrad. Ich fahre daher jetzt meist die Ritchey Ultralight mit 83g .

** Der Test der Tour 2009 wurde auf dem Conti Prüfstand durchgeführt. Die Contis haben klar gewonnen. Der Tour Test vor 4 Jahren fand bei Michelin statt, da war dann der Michelin am besten. Eigentlich verwundert das auch nicht, denn schließlich testen die Ingenieure der Firmen auch auf ihren Prüfständen und optimieren die Reifen so lange, bis sie auf den Prüfständen optimale Ergebnisse liefern.  

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